Der Karlsruher SC schnappte sofort zu
Philipp Hochstein ist in der KSC-Talentschmiede gelandet: 15-Jähriger aus Mondfeld auf den Spuren von Thomas Reis, Marco Höferth und Daniel Goldschmitt
Wertheim/Karlsruhe. "Nach 30 Minuten dann die erlösende Führung durch Philipp Hochstein( . . . ) bis zur 65. Minute, denn dann war erneut Philipp zur Stelle und baute unsere Führung aus ( . . . ) ca. fünf Minuten nach dem 2:0 folgte das dritte Tor. Torschütze - Philipp Hochstein ( . . . ) kurz vor Ende dann das 4:0 gegen die Grünsfelder, die sich schon nach dem zweiten Treffer aufgegeben hatten, durch - na, wen wohl? - Philipp, na klar." Solche Spielberichte waren in der vergangenen Saison keine Seltenheit auf der Homepage des SV Eintracht Nassig.
Philipp Hochstein, inzwischen 15, schoss 2009/2010 in der C-Junioren-Landesliga 65 von 115 Toren für seinen Verein. Die vier aus dem eingangs erwähnten Spiel zählen nicht mit - da kickte er für die B-Jugend. Von nun an können die Gegner Nassigs aber aufatmen: Seit Beginn der aktuellen Runde spielt Hochstein für die U16-Mannschaft des Karlsruher Sportclubs (KSC). Er folgt damit in den Fußstapfen von Thomas Reis, Marco Höferth oder Daniel Goldschmitt, drei anderen Wertheimern, die in den vergangenen 20 Jahren den Sprung vom kleinen Landverein in den Profifußball geschafft haben.
Langer Anlauf
Der Anlauf, den er für diesen Sprung nehmen musste, war lang. Die ersten Schritte auf den Gräsern, die die Welt bedeuten, machte er im zarten Alter von drei Jahren auf dem Grün des SV Mondfeld, bei dem Mutter Ulrike Lindner als Schriftführerin tätig ist. Auf einem Fundament aus außergewöhnlichem Talent und großer Trainingsbegeisterung - das eine ist nichts ohne das andere - wurde hier der Grundstein für sein sportliches Können gelegt.
Die ersten Früchte seiner Disziplin konnte er in der Saison 2008/2009 ernten, als die Mondfelder C-Jugend, nicht zuletzt dank Hochsteins vieler Tore, den Aufstieg in die Landesliga schaffte. Dem dortigen Druck wollten sich aber nur die wenigsten seiner Teamkameraden stellen, und so wurde kurzerhand eine einjährige Spielgemeinschaft mit dem SV Nassig gegründet, der damit das begehrte Aufstiegsrecht erhielt.
In dieser Situation entwickelte Hochstein erstmals den Ehrgeiz, nach Höherem zu streben. Nun begann er, sich intensiv auf die Profikarriere vorzubereiten. Er lieferte nicht nur eine perfekte Runde ab und half bei der B-Jugend aus, sondern trainierte wöchentlich bei der A-Jugend und der Ersten mit.
Viel Unterstützung erhielt er dabei vom Nassiger Jugendtrainer, Walter Lausecker, der mit Hochstein sogar "Einzelunterricht" absolvierte. Von Anfang an war Lausecker überzeugt, dass sein Schüler, mit dem er weiterhin engen Kontakt pflegt, viel erreichen kann. "Einmalig" sei es für einen Trainer, so einen Jugendlichen betreuen zu können. "Wenn er verletzungsfrei bleibt, bin ich überzeugt, dass er seinen Weg gehen kann."
Potenzial erkannt
Herbeigeführt wurde der Wechsel nach Karlsruhe von Talentscout Zeljko Uzelac, der Hochstein im letzten Winter bei einem Hallenturnier in Tauberbischofsheim beobachtete. Sofort erkannte er dessen Potenzial und stellte den Kontakt zu den großen deutschen Clubs her.
In den nächsten Monaten ging es samt Trainer und Eltern zu zahlreichen Probetrainings bei Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg oder Kickers Offenbach. Die einen hatten keinen Bedarf an Stürmern, den anderen war er zu robust gebaut. Die TSG Hoffenheim setzte ihn auf die Warteliste; der KSC schließlich schnappte sofort zu.
Seine eigene Rolle in diesem Nachwuchspoker lässt Uzelac sich freilich gut bezahlen - sollte Hochstein in den nächsten Jahren einen Profivertrag bekommen, kassiert er mit. Bis es so weit ist - falls es so weit kommt - muss er aber noch warten.
Um Philipp Hochstein die Teilnahme am beinahe täglichen Training (siehe auch separaten Bericht) und den wöchentlichen Herausforderungen in der Oberliga, bei Freundschaftsspielen und vereinsinternen Turnieren zu ermöglichen, besorgte der KSC ihm eine Wohnung im nahen Wohnheim einer renommierten Sportschule, während seine Kollegen mit dem Bus oder "Taxi Mama" fahren müssen.
Vielleicht zwei Prozent schaffen es
Zu seinen Aufgaben beim KSC kommt für Hochstein eine Lehre als Holztechniker bei einer Bettinger Schreinerei, die er allerdings nur alle zwei Wochen für einen Tag sieht; das meiste lernt er in Karlsruhe in der Berufsschule. Der Betrieb hat sich sogar verpflichtet, ihn zu übernehmen, falls aus der Profikarriere nichts wird. Dieser Fall kann immer eintreten. "Vielleicht zwei Prozent" der rund 80 Nachwuchsprofis des KSC, schätzt Trainer Günter Cuntz, schaffen es eines Tages in die erste Mannschaft. Der Rest endet bei einem Drittligisten, der österreichischen oder Schweizer Liga - oder mit einem "normalen" Hauptberuf als Trainer eines Amateurvereins.
Viele werfen das Handtuch gleich ganz, wenn sie merken, dass ihr Können nicht für den absoluten Spitzensport reicht. Daher kümmert sich der KSC aktiv darum, dass seine Leistungsjugend parallel eine ordentliche Ausbildung absolviert. Auch Hochsteins Eltern haben sofort gesagt bekommen: "Ohne Schule geht Fußball nicht."
Eine Verletzung kann ausreichen, um den talentiertesten und motiviertesten Sportler seiner Karriere zu berauben, und es muss nicht einmal der berüchtigte Kreuzbandriss sein. Schon ein Bruch vom Skifahren kann einen Jugendlichen so lange vom Training fernhalten, dass er konditionsmäßig nicht mehr mitkommt.
Momentan hat Hochstein natürlich Besseres zu tun, als sich über diesen schlimmsten denkbaren Fall den Kopf zu zerbrechen, aber falls er eintreten sollte, wäre es auch nicht allzu schlimm: Die Holztechnik ist sein zweiter "Traumberuf", neben dem Fußball hat er "schon immer alles geliebt, was mit Holz zu tun hat."
Fränkische Nachrichten
23. September 2010
Wertheim/Karlsruhe. "Nach 30 Minuten dann die erlösende Führung durch Philipp Hochstein( . . . ) bis zur 65. Minute, denn dann war erneut Philipp zur Stelle und baute unsere Führung aus ( . . . ) ca. fünf Minuten nach dem 2:0 folgte das dritte Tor. Torschütze - Philipp Hochstein ( . . . ) kurz vor Ende dann das 4:0 gegen die Grünsfelder, die sich schon nach dem zweiten Treffer aufgegeben hatten, durch - na, wen wohl? - Philipp, na klar." Solche Spielberichte waren in der vergangenen Saison keine Seltenheit auf der Homepage des SV Eintracht Nassig.
Philipp Hochstein, inzwischen 15, schoss 2009/2010 in der C-Junioren-Landesliga 65 von 115 Toren für seinen Verein. Die vier aus dem eingangs erwähnten Spiel zählen nicht mit - da kickte er für die B-Jugend. Von nun an können die Gegner Nassigs aber aufatmen: Seit Beginn der aktuellen Runde spielt Hochstein für die U16-Mannschaft des Karlsruher Sportclubs (KSC). Er folgt damit in den Fußstapfen von Thomas Reis, Marco Höferth oder Daniel Goldschmitt, drei anderen Wertheimern, die in den vergangenen 20 Jahren den Sprung vom kleinen Landverein in den Profifußball geschafft haben.
Langer Anlauf
Der Anlauf, den er für diesen Sprung nehmen musste, war lang. Die ersten Schritte auf den Gräsern, die die Welt bedeuten, machte er im zarten Alter von drei Jahren auf dem Grün des SV Mondfeld, bei dem Mutter Ulrike Lindner als Schriftführerin tätig ist. Auf einem Fundament aus außergewöhnlichem Talent und großer Trainingsbegeisterung - das eine ist nichts ohne das andere - wurde hier der Grundstein für sein sportliches Können gelegt.
Die ersten Früchte seiner Disziplin konnte er in der Saison 2008/2009 ernten, als die Mondfelder C-Jugend, nicht zuletzt dank Hochsteins vieler Tore, den Aufstieg in die Landesliga schaffte. Dem dortigen Druck wollten sich aber nur die wenigsten seiner Teamkameraden stellen, und so wurde kurzerhand eine einjährige Spielgemeinschaft mit dem SV Nassig gegründet, der damit das begehrte Aufstiegsrecht erhielt.
In dieser Situation entwickelte Hochstein erstmals den Ehrgeiz, nach Höherem zu streben. Nun begann er, sich intensiv auf die Profikarriere vorzubereiten. Er lieferte nicht nur eine perfekte Runde ab und half bei der B-Jugend aus, sondern trainierte wöchentlich bei der A-Jugend und der Ersten mit.
Viel Unterstützung erhielt er dabei vom Nassiger Jugendtrainer, Walter Lausecker, der mit Hochstein sogar "Einzelunterricht" absolvierte. Von Anfang an war Lausecker überzeugt, dass sein Schüler, mit dem er weiterhin engen Kontakt pflegt, viel erreichen kann. "Einmalig" sei es für einen Trainer, so einen Jugendlichen betreuen zu können. "Wenn er verletzungsfrei bleibt, bin ich überzeugt, dass er seinen Weg gehen kann."
Potenzial erkannt
Herbeigeführt wurde der Wechsel nach Karlsruhe von Talentscout Zeljko Uzelac, der Hochstein im letzten Winter bei einem Hallenturnier in Tauberbischofsheim beobachtete. Sofort erkannte er dessen Potenzial und stellte den Kontakt zu den großen deutschen Clubs her.
In den nächsten Monaten ging es samt Trainer und Eltern zu zahlreichen Probetrainings bei Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg oder Kickers Offenbach. Die einen hatten keinen Bedarf an Stürmern, den anderen war er zu robust gebaut. Die TSG Hoffenheim setzte ihn auf die Warteliste; der KSC schließlich schnappte sofort zu.
Seine eigene Rolle in diesem Nachwuchspoker lässt Uzelac sich freilich gut bezahlen - sollte Hochstein in den nächsten Jahren einen Profivertrag bekommen, kassiert er mit. Bis es so weit ist - falls es so weit kommt - muss er aber noch warten.
Um Philipp Hochstein die Teilnahme am beinahe täglichen Training (siehe auch separaten Bericht) und den wöchentlichen Herausforderungen in der Oberliga, bei Freundschaftsspielen und vereinsinternen Turnieren zu ermöglichen, besorgte der KSC ihm eine Wohnung im nahen Wohnheim einer renommierten Sportschule, während seine Kollegen mit dem Bus oder "Taxi Mama" fahren müssen.
Vielleicht zwei Prozent schaffen es
Zu seinen Aufgaben beim KSC kommt für Hochstein eine Lehre als Holztechniker bei einer Bettinger Schreinerei, die er allerdings nur alle zwei Wochen für einen Tag sieht; das meiste lernt er in Karlsruhe in der Berufsschule. Der Betrieb hat sich sogar verpflichtet, ihn zu übernehmen, falls aus der Profikarriere nichts wird. Dieser Fall kann immer eintreten. "Vielleicht zwei Prozent" der rund 80 Nachwuchsprofis des KSC, schätzt Trainer Günter Cuntz, schaffen es eines Tages in die erste Mannschaft. Der Rest endet bei einem Drittligisten, der österreichischen oder Schweizer Liga - oder mit einem "normalen" Hauptberuf als Trainer eines Amateurvereins.
Viele werfen das Handtuch gleich ganz, wenn sie merken, dass ihr Können nicht für den absoluten Spitzensport reicht. Daher kümmert sich der KSC aktiv darum, dass seine Leistungsjugend parallel eine ordentliche Ausbildung absolviert. Auch Hochsteins Eltern haben sofort gesagt bekommen: "Ohne Schule geht Fußball nicht."
Eine Verletzung kann ausreichen, um den talentiertesten und motiviertesten Sportler seiner Karriere zu berauben, und es muss nicht einmal der berüchtigte Kreuzbandriss sein. Schon ein Bruch vom Skifahren kann einen Jugendlichen so lange vom Training fernhalten, dass er konditionsmäßig nicht mehr mitkommt.
Momentan hat Hochstein natürlich Besseres zu tun, als sich über diesen schlimmsten denkbaren Fall den Kopf zu zerbrechen, aber falls er eintreten sollte, wäre es auch nicht allzu schlimm: Die Holztechnik ist sein zweiter "Traumberuf", neben dem Fußball hat er "schon immer alles geliebt, was mit Holz zu tun hat."
Fränkische Nachrichten
23. September 2010
Rene Roth - 23. September, 06:39
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